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Portugal dança - Teil 2


Geschäftiges Geplauder, leichte Windböen hinterfragen einmal mehr meine aktuelle Frisur – tiefgraue Wolken schieben sich immer wieder vor die um Aufmerksamkeit kämpfende Herbstsonne. Ich sitze im Cafe Rocco. Aus etwas Distanz schaue ich auf den von Wellen durchzogenen Möhnesee. Die grünen Laubbäume färben sich langsam rot. Innerliche Ruhe – Zeit weiter zurückzublicken auf die letzten Wochen, und auf die Portugal-Rundfahrt.




Das Tauziehen mit der Hitze


11 Etappen, zwei Zeitfahren, gefühlte 12 davon Bergetappen. Seit dem Moment als ich die Volta a Portugal zum ersten Mal in der Jahresplanung entdeckte, im Februar, war mir klar, wie lustig diese Herausforderung werden würde.

Aber genug Vorgeplänkel.


Prolog – Pancake


Kick-Off war in Viseu – eine mittelgroße Stadt, so ziemlich in der Mitte von Portugal. Schon beim Recon realisierte ich, wie leicht die Strecke war. Fast topfeben, ein paar Kreisverkehre, keine richtige Kurve zum Bremsen. Ab in den Auflieger, Kopf runter und Vollgas. So etwas kommt mir normalerweise gut entgegen. 3,6 Kilometer sind mir zwar etwas zu kurz, aber was hab ich zu verlieren.


Und tatsächlich war ich mit dem 14. Platz überraschend zufrieden. Bis auf einen kleinen Fehler stimmte an dem Tag alles. Die größte Herausforderung war es vorm Start richtig zu kühlen, und mental cool zu bleiben – Check. Ein schöner Start in die Volta.




Etappe 1 – Harakiri-Decent


Am zweiten Tag standen zum ersten Mal ein paar vertikale Meter auf der Speisekarte. Schon vor dem Depart war es brülle heiß. Die Starts waren immer in der Mittagshitze.

Bei der Teampräsentation am Start wurden wir für die Kameras aufgefordert eine kekige, coole Pose zu machen – wie selbstverständlich formte ich mit meinen Händen die Spiderman-Maske vor mein Gesicht. Auf solche Situationen ist man halt nicht vorbereitet – first fail of the day.


Zum Sportlichen: Ansage war Lead-Out für Rüeggi. Am Start ging ziemlich schnell eine Gruppe, niemand hatte Interesse den ganzen Tag in der prallen Hitze umherzuhecheln. So wurde es ein recht entspannter Tag. Da Lukas Meiler in der Gesamtwertung nur wenige Sekunden zurücklag kämpften wir mit Erfolg um einige Sekunden in den Boni-Sprints.


Der Berg im Finale wurde wie erwartet zügig gefahren, glücklicherweise kamen alle gut drüber. Kurz vorm Gipfel fanden wir uns als Team und versuchten gut positioniert in die Abfahrt zu gehen. Soweit so gut fuhren wir zu Viert von vorn auf die letzten drei Kilometer. In der technischen Abfahrt verloren wir uns leider etwas. Rüeggi sprintete auf einen soliden 14. Platz. Morgen auf ein Neues.




Etappe 2 – Boni-Action & Dating Tamtam


Tag drei – Sprint again. Die auf dem Profil einfachste Etappe. Der Plan war erneut Sprint für Rüeggi. Unterwegs passierte wieder nicht viel. Lukas Meiler bot wieder eine stabile Show und attackierte am letzten Berg, setze sich mit wenigen Begleitern ab, und holte erneut wichtige Sekunden für die Gesamtwertung.

Als das Feld geschlossen war, formierten wir uns. Colin, Moran und ich versuchten Rüeggi so weit wie möglich ins Finale zu bringen. Klappte soweit auch gut, von Kilometer 5 bis 500 Meter vorm Ziel fuhren wir von vorn. Leider etwas zu früh war Rüeggi allein, wurde dennoch passabler Neunter – schöner Aufwärtstrend.


Zum Hotel fuhren wir dann entspannte drei Stunden Bus. Und hier wurde es nochmal spannend. In Lissabon fuhren wir eine halbe Ewigkeit über eine riesige Atlantikbrücke – Sonnenuntergang, durchs Wasser wartende Fischer, und danke Gott – ein klimatisierter Bus. Der perfekte Zeitpunkt für meinem Teamkollegen seine Dating-Skills auszupacken.

Im stockenden Verkehr baute er Blickkontakt mit einer Portugiesin im Fiat neben uns auf. Wenig später wurden beide Scheiben heruntergekurbelt, Podiumsblumen, kühle Getränke und eine Autogrammkarte (inklusive Telefonnummer) überreicht – well played.

Die Busfahrt verging gefühlt wie im Flug.




Etappe 3 – Sturzromantik


Nun zum für mich persönlich schwärzesten Tag der Rundfahrt. Dabei fing er fantastisch an. Start an der Strand-Promenade in Sines. Algarve-Küste, Surfer-Action, überall braungebrannte glückliche Menschen.

Die Momente, in denen ich mich frage, warum ich nicht auch auf einem Surfbrett stehe, sondern in voller Radmontur 30 Meter weiter bei der Teampräsentation. Einmal mehr – sengende Hitze.


Der Start war erneut entspannt. Schnell verloren wir die Fluchtgruppe aus den Augen, und rollten dahin – im seichten Seitenwind der Algarve-Küste. Eine unfassbar schöne Region. Zerklüftete Felsküsten, grün-braune Wiesen, endloser Blick über den Atlantik.

Bei Kilometer 45 zerschlug sich diese Romantik allerdings. In einer kleinen Abfahrt kam ich mit recht hoher Geschwindigkeit zu Fall. Mit dem Vorderrad hämmerte ich durch ein Schlagloch, mein Mantel war direkt runter von der Felge. Schuh kaputt, ein paar ekelig tiefe Schürfwunden, besonders an der Hüfte – und mental angeknackst.

Aber wie der wunderschöne Radsport so ist, geht es immer weiter: Schuhwechsel, Verarzten am Auto, ein paar Schmerztabletten vom Rennarzt, keine Zeit nachzudenken.


Passenderweise war diese dritte Etappe der heißeste Tag, wodurch die Wunden gefühlt doppelt brannten. Doch zum Glück war das Tempo nicht all zu hoch. ich versuchte Kraft zu sparen, wenn möglich ein paar Flaschen zu holen. Im Finale konnte ich leider nichts mehr fürs Team tun.




Etappe 4 – Extremo!


"We party to the extremo, extremo, extremo, extremo, extremo – ritmo"


Start in Estremoz – extremo – der Ohrwurm des Tages. Der Inhalt des Songs von den Black Eide Peas passte allerdings eher weniger. Tatsächlich kann ich mich kaum noch an diese Etappe erinnern. Außer an das Ende: So ziemlich im Alleingang fuhr Colin das superstarke erste Ausrufezeichen für uns ein – und wurde im schweren Finale Vierter. Sehr geil!


Unterwegs fühlte ich den Sturz leider wie erwartet. Der Körper rebellierte gefühlt gegen die erneute Belastung – but thats cycling. Im Finale konnte ich, gemeinsam mit Pirmin die anderen ganz gut in Position bringen. Kilometer für Kilometer zwang ich den Körper zurück in die Rundfahrt. Es geht immer weiter.


Nothing more to say about this day.




Etappe 5 – Colin täuscht an


Da war Sie: Die erste richtige Bergetappe. Bergankunft in Torre – jedes Jahr Stammgast im Roadbook der Portugal-Rundfahrt. Klares Ziel war Colin und Oscar gut positioniert in den finalen Anstieg zu fahren. Und tatsächlich war es höllisch schnell im Finale. Aber wirklich jeder machte einen guten Job. Besonders hervorheben muss man an dieser Stelle Pirmin, der seine Bestwerte fuhr um noch einmal Flaschen vorzubringen – kurz vorm Beginn des Berges.

Ich selbst konnte gemeinsam mit Moran einen guten Lead-Out fahren.

Oben überquert Colin als Zweiter den Zielstrich, Oscar wurde starker Zehnter.

Als ich im Grupetto finishte, und die Stundenzeige meines Tachos auf 7 sprang, musste ich schmunzeln.


An diesem Tag realisierten wir alle zum ersten Mal die überwältigende Radsport-Begeisterung der Portugiesen. Am Berg war es endlos voll. Spätestens als ich das erste Superbock (portugiesisches Bier) gereicht bekam, lohnte sich das alles. Es war einfach nur geil – klingt kitschig, aber trifft es ins Schwarze.


Nach diesem Tag wussten wir, wo wir sportlich standen. Colin und Oscar fuhren nicht nur vorn mit, sie bestimmten das Rennen. Das war ein schönes Gefühl. Und gefühlt viel von allen etwas Spannung ab.




Etappe 6 – "Drinking beers and winning races"


Der letzte Tag vorm Ruhetag – Etappe 6. Ich spürte ein mulmiges Gefühl als ich morgens im Bus mit dem Finger das Höhenprofil abfuhr.

Es war der erste Tag an dem wir an der Spitze des Pelotons so richtig geduldet wurden. Colin war nun Zweiter in der Gesamtwertung und wir hatten etwas zu verteidigen. Für mich hieß es so lang wie möglich überleben, und Colin und Oscar vorn in die Berge bringen.


Moran lieferte an diesem Tag einmal mehr eine starke Leistung ab, sprang in die Gruppe des Tages, fuhr um den Etappensieg mit. Er wartete allerdings im entscheidenden Moment um Colin für die Gesamtwertung zu unterstützen – selbstlos und Teamwork 10/10.

Als er völlig entkräftet ausscherte und sein Rennen beendete, hielt er am Straßenrand an, exte ein Superbock-Bier, und ging damit viral. Das Video trendete besonders auf X (ehemals Twitter).

"Drinking beers and winning races" – Team Vorarlberg war ab heute mehr als ein Radsportteam aus Österreich. Für die radsportbegeisterten Portugiesen war es ein Lebensgefühl.


Und wie die nächsten Tage zeigen würden, fuhr es sich mit diesem medialen Aufwind nicht schlecht. Es wurde nur besser.




Ruhetag – Fortsetzung folgt

Finally restday – Wir waren im Hotel im wunderschönen Guarda. Nordwesten von Portugal, nicht weit von der spanischen Grenze. Zeit meine Wunden etwas zu lecken. Entspannt frühstücken, locker Radfahren, Cafe im gefühlt abgelegensten Dorf Portugals, Massage, im Bett liegen, durchatmen – mental auf das Finale vorbereiten.


Getreu dem Motto das Beste kommt zum Schluss – verabschiede ich mich an dieser Stelle in die sauerländische Abendsonne. Hin und wieder findet die gelbe Sichel den Weg durch die dichte Wolkendecke. Der Espresso ist leer, der Möhnesee-Turm wartet auf mich. Auf einen lockeren Abendspaziergang um den Möhnesee!


Vejo você na próxima vez!



Macht's gut, euer Jon!


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